Das Projekt

Vom 6. bis zum 9. Oktober 2020 fand in den Räumlichkeiten des Literaturarchivs Sulzbach-Rosenberg ein internationaler Workshop zum Thema „Institutionen zwischen Literaturbetrieb und Öffentlichkeit: Das FHI Dortmund und das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg“ statt. Dank einer großzügigen Förderung durch die Bayerisch-Tschechische Hochschulagentur konnten verschiedene Akteure zusammengebracht werden. Beteiligt waren auf akademischer Seite das Institut für Germanistik, Skandinavistik und Niederlandistik der Masaryk-Universität zu Brünn, vertreten durch eine Delegation rund um den Institutsleiter Dr. Aleš Urválek, und Dr. Christian Steltz vom Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft 2 an der Universität Regensburg, der mit einem Seminar an der Veranstaltung partizipierte. Wertvolle Einblicke in die berufliche Praxis von Öffentlichkeits- und Archivarbeit im Literaturbetrieb gaben Dr. Iuditha Balint und ihr Team vom Fritz-Hüser-Institut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt der Stadt Dortmund sowie Michael Hehl vom Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg.

Der gedankliche Ausgangspunkt war das gemeinsame Interesse an Persönlichkeiten, die sich wie Walter Höllerer oder Fritz Hüser als einflussreiche Akteure um Vermittlung und Netzwerkbildung verdient gemacht haben und aus netzwerktheoretischer Perspektive als Broker angesehen werden können. Somit spielte der Netzwerkbegriff, der die literaturwissenschaftliche Debatte ebenso wie die Kultur- und Medienwissenschaften seit dem Jahrtausendwechsel bspw. in Form der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) geprägt hat, eine zentrale Rolle für das Projekt. Und das gleich auf mehrfach Weise: So ging es zum einen auf theoretischer Ebene um die Beschäftigung mit technologischen, kommunikativen, sozialen und ästhetischen Aspekten von Vernetzung. Von dieser Basis ausgehend wurde zum anderen an drei exemplarischen Akteuren im literarischen Feld des 20. Jahrhunderts nachgezeichnet, welche Möglichkeiten dem Individuum in einem Netzwerk offenstehen, welche wechselseitigen Voraussetzungen und Wirkungsweisen in der konkreten Netzwerkbildung relevant sind und welche Auswirkungen dies auf fachspezifische Konventionen wie die Literaturgeschichtsschreibung hat. Als Beispiele wurden Joachim Moras, Walter Höllerer und Fritz Hüser herangezogen, die allesamt eine entscheidende Position im Literaturbetrieb ihrer Zeit eingenommen haben und z.B. durch ihre Zeitschriften- und Archivaktivitäten wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der deutschsprachigen Literatur genommen haben. Netzwerke bildeten also theoretisch wie inhaltlich den Schwerpunkt des Workshops.

Darüber hinaus war der Workshop selbst Teil eines Netzwerkbildungsprozesses, gab der thematische Rahmen doch Gelegenheit die bestehende Kooperation zwischen der Masaryk-Universität Brno und der Universität Regensburg zu vertiefen und mit Dr. Iuditha Balint und Michael Hehl weitere Fachleute hinzuzuziehen, deren Expertise für den wissenschaftlichen Austausch in Hinblick auf mögliche gemeinsame Forschungsaktivitäten in der Zukunft von ebenso zentraler Bedeutung war wie für die studentischen TeilnehmerInnen am Workshop, die  einen Einblick in konkrete berufliche Praxisfelder der Germanistik gewinnen konnten. 

Es erklärt sich von selbst, dass ein solches Forschungsprojekt in den Zeiten einer globalen Pandemie eine besondere Herausforderung darstellt. Dass der Workshop am Ende in Sulzbach-Rosenberg stattfinden konnte, ist der gleichermaßen großzügigen wie flexiblen Unterstützung durch die BTHA zu verdanken. Dem ursprünglich als Präsenzveranstaltung konzipierten Workshop wurden die KollegInnen aus Brno und Dortmund über Zoom zugeschaltet. Das neu geschaffene Netzwerk wurde gleichsam digital, wovon die vorliegende Webseite Zeugnis ablegen möchte. Sie ist als Archiv angelegt und versteht sich explizit auch als Einladung an weitere interessierte WissenschaftlerInnen. 

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